25. Februar 2009

Westafrikanische Bauern fordern höhere Importzölle

Das Netzwerk westafrikanischer Bauern und Erzeuger landwirtschaftlicher Produkte (ROPPA) hat die 15 Regierungen der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) aufgefordert, zum Schutz der regionalen Landwirtschaft die gemeinschaftlichen Importzölle auf mindestens 50 Prozent zu erhöhen.

Die von einem gemeinsamen Ausschuss der ECOWAS und der Westafrikanischen Wirtschafts- und Währungsunion (UEMOA) vorgeschlagenen Einfuhrzölle von 35 Prozent genügen nach Ansicht der Bauern nicht, um die Selbstversorgung zu gewährleisten und darüber hinaus die Entwicklung des Agrarsektors voranzubringen.

Auf einer Konferenz in der zweiten Februarwoche in Ouagadougou, der Hauptstadt von Burkina Faso, verwiesen Vertreter des Netzwerks auf die ostafrikanischen Länder, die Milchimporte mit 60 Prozent besteuern sowie auf die in der Europäische Union geltenden Importzölle für Grundnah-rungsmittel wie Getreide, Fleisch und Milchprodukte von mindestens 50 Prozent.

"Mit den bislang in der UEMOA erhobenen Einfuhrzöllen von höchstens 25 Prozent lässt sich unse-re Landwirtschaft nicht schützen und an den Aufbau regionaler Märkte ist auch nicht zu denken", begründete Bassi Ka Dao, der Präsident der burkinischen Bauernvereinigung , die Forderung von ROPPA. Eine 2008 durchgeführte Untersuchung des Netzwerks hatte ergeben, dass sich lebens-wichtige regionale Agrarprodukte wie Getreide, Ölfrüchte und Fleisch nur mit Zöllen in Höhe von mindestens 50 Prozent vor konkurrierenden Importen schützen lassen.

"Wir brauchen höhere Importzölle für bestimmte Waren, die unsere eigenen Erzeugnisse auf unseren Märkten unfair unterbieten und unsere Bemühungen um Selbstversorgung, ländliche Entwicklung und die Bewahrung unserer kulturellen Werte einschränken", betonte der ROPPA-Berater Babacar Ndao.

Die ECOWAS-Staaten Benin, Burkina Faso, Côte d'Ivoire, Gambia, Ghana, Guinea, Guinea-Bissau, Kapverden, Liberia, Mali, Niger, Nigeria, Senegal, Sierra Leone und Togo exportieren in-nerhalb der Gemeinschaft Baumwolle, Kaffee, Hülsenfrüchte, Hirse und Tomaten. Acht ECOWAS-Mitglieder – Benin, Burkina Faso, Côte d'Ivoire, Guinea-Bissau, Mali, Niger, Senegal und Togo – haben sich zur UEMOA zusammengeschlossen.

Aufbau regionaler Märkte statt Liberalisierung

Nach Ansicht der regionalen Bauernverbände könnten bei der von ihnen verlangten Anhebung der regionalen Importzölle mehr als 60 Prozent der Lebensmittel und mehr als 80 Prozent der aus Getreide bestehenden Grundnahrungsmittel vom Freihandel ausgenommen werden. Zudem würden höhere Importzölle mehr als 60 Prozent der Süßwaren, Kaffee- und Kakaoerzeugnisse schützen sowie 58 Prozent der tierischen Produkte und 77 Prozent der Textilprodukte.

Zusätzlich zur Anhebung der regionalen Einfuhrzölle fordert das Netzwerk westafrikanischer Agrarverbände eine auf mehr als zehn Jahre ausgedehnte Anpassung an den Abbau von Schutzsteuern innerhalb der ECOWAS sowie Maßnahmen, die bei konjunkturellen Schwierigkeiten greifen.

Auf diese Weise ließen sich regionale Märkte für einheimische Erzeugnisse etablieren, erklärte Ousséni Ouédraogo, Programmkoordinator bei ROPPA, gegenüber IPS. "Ohne eigene Märkte kann sich Landwirtschaft nicht entwickeln", betonte der Experte. "Deshalb braucht man innerhalb der Gemeinschaft Präferenzzölle, unter deren Schutz sich die Landwirtschaft entwickeln kann."

Nach Angaben der UN-Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO) importiert Westafrika jährlich Lebensmittel im Wert von umgerechnet mehr als vier Milliarden US-Dollar. Von den rund 197 Millionen Hektar landwirtschaftlich nutzbaren Flächen der Region werden nur 54 Millionen Hektar bestellt. 120 Millionen Hektar sind Weideland. - Brahima Ouédraogo | Deutsche Übersetzung: Grit Moskau-Porsch (23.02.09)

EU-Gelder stützen israelische Blockadepolitik gegen Gaza

Die Europäische Union unterstützt mit dem israelischen Ölunternehmen 'Dor Alon' eine Firma, die aktiv an der Blockadepolitik gegen den Gazastreifen teilnimmt. Dabei wird diese Kollektivstrafe von höchsten Stellen in der EU massiv kritisiert und ist nach den Genfer Konventionen von 1949 völkerrechtswidrig.

Zwischen Februar 2008 und Januar 2009 erhielt Dor Alon, der Energieversorger des Gazastreifens, 97 Millionen Euro von der EU-Kommission. Die Hilfe wurde unter Umgehung jeder palästinensi-schen Struktur direkt ausgezahlt und förderte ein Unternehmen, das nach eigenen Angaben seine Lieferungen an den Gazastreifen auf Geheiß der israelischen Regierung rationiert.

Betroffen ist davon ein Kraftwerk, das 30 Prozent des Stroms für die 1,5 Millionen Menschen im Gazastreifen produziert. Die Verknappung der Energie und die so verursachten Stromausfälle gehö-ren zu den Methoden, mit denen Israel die Bevölkerung in Gaza unter Druck setzt, seit die radikale Hamas dort nach den Parlamentswahlen von 2006 ans Ruder kam.

Kritik an dem Verhalten der EU kommt unter anderem von der 'Mattin Group', die vom Westjor-danland aus die Beziehungen zwischen der Union und Israel beobachtet. "Die EU muss sich bei ihrer Hilfspolitik an das Recht halten", betont Charles Shamas, der Gründer der Organisation. Auch gutgemeinte Hilfe könne vom Empfänger missbraucht werden. Die EU sei wenig glaubwürdig, wenn sie Israel zu einer Verhaltensänderung auffordere, das zu korrigierende Verhalten aber zu-gleich unterstütze.

Christine Hohmann, Sprecherin der EU-Kommissarin für Außenbeziehungen Benita Ferrero-Waldner, weist diese Vorwürfe zurück. In den letzten zwölf Monaten habe Dor Alon dank der EU-Hilfe 96 Millionen Liter Treibstoff nach Gaza geliefert. Auch seien Schulen und Krankenhäuser die wichtigsten Nutznießer der EU-Hilfe. "Wir fördern in keiner Weise die Blocklade", so Hohmann. Die EU forderte von Israel immer wieder die Öffnung der Grenze gerade für Diesel.

Ein Dor-Alon-Sprecher erklärt: "Dor Alon ist ein privates Unternehmen. Wir müssen uns an das halten, was uns das Verteidigungsministerium vorschreibt." Man folge lediglich der Order von oben. Dor Alon ist eine der vier großen israelischen Ölfirmen und betreibt nicht nur Tankstellen, sondern auch zwei Verbrauchermarktketten und eine Reihe von Geschäften in den israelischen Siedlungen im Westjordanland.

Blockade verunmöglicht Wiederaufbau

Der britische Europaabgeordnete Chris Davies war unlängst im Gazastreifen. Er beschreibt die Lage als nach wie vor dramatisch. Die Blockade behinderte den Aufbau nach den zerstörerischen Bombardements im Rahmen der im Dezember angelaufenen israelischen Militäroperation 'Operation gegossenes Blei' massiv.

Gaza brauche täglich 500 Lkw-Lieferungen mit Nahrungsmitteln und an deren essenziellen Versor-gungsgütern, aber nicht mehr als 120 Lkw dürften die Grenze passieren. "Verboten sind Papier für die Schulen und selbst Windeln, aber auch Wasserreinigungstabletten und Zement", sagt Davies. Ein normales Leben in Gaza sei unmöglich. - David Cronin | Deutsche Übersetzung: Heike Nasdala | IPS EUROPA (23-02-09)

23. Februar 2009

Mehr UN-Truppen für DR Kongo gefordert

Die internationale Menschenrechtsorganisation 'Human Rights Watch' (HRW) hat sofortige Maßnahmen zum Schutz der kongolesischen Zivilbevölkerung vor der ugandischen 'Lord's Resistance Army' (LRA) angemahnt. Auch nach den 'Weihnachtsmassakern' im Norden des zentralafrikanischen Landes gehe das Morden weiter.

In einem neuen Bericht beschreibt die HRW das unsägliche Leid, dass die LRA über die Bevölkerung in der Demokratischen Republik Kongo (DRC) gebracht hat. "Die LRA-Leute sind schnell im Töten. Sie brauchten nur wenig Zeit und sprachen kein Wort. Sie brachten alle 26 um. Ich war geschockt. Ich kannte alle diese Menschen. Sie waren meine Familie, meine Freunde, meine Nachbarn", beschrieb ein 72-jähriger Augenzeuge das Blutbad in Batande, einem Dorf nahe Doruma.

Von Weihnachten bis Januar tötete die LRA mit Macheten, Äxten und Knüppeln mehr als 865 Zivilisten. Mindestens 160 Kinder im Norden des Kongo wurden verschleppt. Die schlimmsten Gewaltorgien ereigneten sich am 24. und 25. Dezember in 160 Kilometer Entfernung von den Regionen Doruma, Duru und Faradje im nordkongolesischen Haut-Uele-Bezirk.

Selbst für LRA-Verhältnisse waren die Massaker extrem brutal. Die Täter warteten ab, bis sich die Menschen in Bantande zum Weihnachtsmahl oder in Faradje zum Weihnachtskonzert zusammenfanden, um diese dann schnell und ohne Worte niederzumetzeln. In Mabando wurden die Einwohner mit lauter Radiomusik zur eigenen Hinrichtung angelockt. In den meisten Fällen wurden die Opfer gefesselt, ausgezogen und erschlagen, Frauen und Mädchen zuvor vergewaltigt.

Nicht nur in der DRC, auch in Teilen des Südsudan ging die LRA mit gleicher Brutalität und den gleichen Waffen gegen Zivilisten vor. Für die Autoren der HRW-Studie deuten die Übereinstimmungen auf eine koordinierte Aktion, die im Rahmen einer einzigen Kommandostruktur angeordnet wurde.

Auch andere Staaten LRA-traumatisiert

Die Weihnachtsmassaker sind Bestandteil einer langjährigen LRA-Taktik. Bevor die Rebellen 2006 in den Kongo kamen, hatten sie bereits eine Blutspur in Uganda und dem Südsudan hinterlassen. War die kongolesische Bevölkerung zunächst verschont worden, ging die LRA im September 2008 erstmals gegen einzelne Gemeinden vor – offenbar weil diese abtrünnigen LRA-Kämpfern zur Flucht verholfen hatten.

Die erste Gewaltwelle und die Weihnachtsmassaker kosteten laut HRW mehr als 1.033 Zivilisten das Leben. 476 Kinder wurden verschleppt. "Sie können sich nicht vorstellen wie es ist, wenn man Ihnen Ihre Tochter nimmt. Es macht mich krank, wenn ich mir vorstelle, was sie mit ihr im Busch anstellen. Ich weiß nicht, ob ich sie jemals wieder sehe oder ob sie überhaupt noch lebt", zitiert der HRW-Bericht die Mutter einer 13-Jährigen, die im September von der LRA verschleppt wurde.

Noch immer erhält die Menschenrechtsorganisation mit Sitz in New York Berichte über Morde und Entführungen, mit denen die LRA die Bevölkerung terrorisiert. Nach Angaben der Vereinten Nationen sind seit Ende Dezember über 140.000 Menschen aus Angst vor anrückenden LRA-Kämpfern geflohen.

Racheaktionen trifft Bevölkerung

Dem Bericht zufolge ereignen sich die Massaker immer dann, wenn die LRA Zielscheibe von Militäroperationen wurde. Aus diesem Grund appelliert HRW an die Regierungen der DRC, Ugandas und des Südsudan, während ihrer militärischen Einsätze der Sicherheit der Bevölkerung Priorität einzuräumen. Gegebenfalls müssten Truppen eigens für den Schutz der Menschen abgestellt werden.

Darüber hinaus sollen die drei Staaten eng mit der UN-Mission MONUC zusammenarbeiten, um den Schutz der Zivilisten zu gewährleisten, LRA-Geiseln zu befreien und LRA-Kämpfer zur Aufgabe zu bewegen. HWR empfiehlt die Einrichtung von konkreten Treffpunkten für ausstiegswillige Rebellen und geflohene zwangsrekrutierte Kämpfer. LRA-Kriegsverbrecher wie Rebellen Joseph Kony müssten dem Internationalen Strafgerichtshof übergeben werden.

Am 22. Dezember hatte der UN-Sicherheitsrat das Mandat für MONUC um ein weiteres Jahr verlängert und einer Erhöhung der Truppenstärke um 3.000 auf insgesamt 20.000 Blauhelme zugestimmt. Doch bisher lassen die zugesagten UN-Truppen auf sich warten. HRW appelliert deshalb an die Regierungen und regionalen Organisationen, die fehlenden Soldaten bereitzustellen, um den Schutz der Menschen in Haut-Uele gewährleisten zu können. - Karina Böckmann | IPS EUROPA (170209)